
![]() Was tut man nicht alles den Kindern zu Liebe ! Es sind Hebstferien und da bleibt nicht viel Zeit zum Lesen oder Schreiben, also ist Kinderprogramm angesagt. Wir sind zum Töpfern gegangen. Dabei hatten wir noch nie etwas aus Erde gemacht und es kamen den Hexen ähnliche Gebilde dabei heraus - auch eine Form von Kreativität und eine sehr schöne Erinnerung.
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Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten
Warum ist uns zu Heulen zu Mute, wenn wir uns eine Reportage von einem blinden Sänger anschauen, welcher zwei Wochen mit einer Familie von Einheimischen in den Himalaya Bergen gelebt hat? Dazu muss man schon über eine gewisse Sensibilität verfügen. Aber den Beteiligungen der Fernsehzuschauer nach zu urteilen, ging es vielen anderen Menschen auch so. Die Einheimischen, die da über 4.000 m Höhe lebten, sehen jeden Menschen und jedes Wesen als ein absolutes Individuum. Unsereins hingegen lebt in einer Gesellschaft, in der es uns fast gleichgültig ist, wenn unser Nachbar verschwindet. Wir haben uns regelrecht daran gewöhnt, nur eine Nummer zu sein, welche man ersetzen kann. Immerhin verfügen wir über Jahrhunderte Training. Wir wissen auch, dass wir zu viele sind, dass wir überflüssig sind. Selbst wenn wir uns Mühe geben, positives Denken zu kultivieren, ist unsere Realität an 365 Tagen des Jahres jene – sich lieber mit einer Ameise zu identifizieren. Wir müssen nur funktionieren, denn sobald wir das nicht mehr tun, werden wir zu Asozialen. Und das stimmt uns traurig, denn die Menschen in der Reportage aus dem Himalaya sind nicht mehr oder weniger Mensch als wir, aber die haben anscheinend noch nicht verlernt, Mensch zu sein und wir würden auch gerne so von ihnen betrachtet werden, wie der glückliche, blinde Sänger. Wir sind keine sehr amüsanten Völker, das ist mir schon früh aufgefallen. Da braucht man sich nur die allgemeinen Gesprächsthemen am Strand, im Stadtpark oder auf Partys im noch relativ nüchternem Zustand beobachten: 1. Arbeit, der Job 2. Immobilien, ob Miete oder Eigentum, Investitionen usw. 3. getrennte Eltern und alles, was damit zusammen hängt … 4. Krankheit, dieses Thema nimmt im Alter zu Weder lustige noch angenehme Themen, doch damit ist man sicher, sich überall mit jedem unterhalten zu können. Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag – an diesen Morgen fällt mir das Aufstehen noch schwerer als am Wochenende, die Kinder aufwecken, zu beachten, dass sie ordentlich angezogen sind, damit sie nicht von ihren Klassenkameraden ausgelacht werden. Frühstückmachen, beachten, dass die Kinder sich anschließend die Zähne putzen, dann deren Haare kämmen, wobei ich schon wieder ein oder zwei Läuse finde. Sie müssen sich das Gesicht und die Lippen einschmieren, damit ihnen die Haut bei der kalten Luft nicht aufplatzt. Dann muss ich mich selbst schnell duschen, die Haare waschen, damit ich nicht wie eine Vogelscheuche aussehe – schnell, schnell, denn mein Mann muss auch noch unter die Dusche! Meine Haare sind kaum trocken geföhnt, da müssen wir, die Kinder und ich, schon los auf den Schulweg. Spülmaschine ausräumen, einräumen, Staubwischen, aufräumen, saubermachen, Wäsche machen, einkaufen, mich schminken, nicht zu viel, damit die Nachbarn und die Mütter der anderen Kinder mich nicht blöd angucken – aber auch nicht weglassen, sonst sehe ich so blass und krank aus, als wäre ich einer Irrenanstalt entwischt. Essen machen, Hausaufgaben überwachen –mein Rücken tut mir weh, keine Zeit zum Sport treiben, denn im Leben gibt es Prioritäten. Fragen – womit werde ich im nächsten Jahr mein Geld verdienen, um das Haus zu bezahlen? Alles wird teurer, das Geld immer weniger wert. Ich habe viel zu tun und die Zeit entwertet sich auch. Für andere da sein, Verantwortung übernehmen und sich dabei selbst vergessen. Wir haben die unbegrenzten Möglichkeiten, die Reichen zu bewundern, die Elite, deren Bücher zu lesen, ihnen bei Talkshows zu zuhören und mit unseren Kollegen darüber zu sprechen, um zu zeigen, dass wir interessiert, auf dem Laufenden, in – sind. Diese Existenz steht uns zu. Wir können uns unbegrenzt über die Welt der Reichen informieren, Zeitungen kaufen, in denen wir lesen können, welche Autos die fahren, was für Handtaschen sie tragen, welchen Sport sie treiben, für was sie sich begeistern, welche Assoziation sie unterstützen und dass sie Nelson Mandela in ihrem Leben getroffen haben – einfach toll. Wir haben die unbegrenzte Möglichkeit, ihre Musik zu kaufen, ihre Politik zu ertragen, ihre Filme zu sehen. Wir dürfen uns unbegrenzt über ihren Erfolg freuen. Die größte, grenzenlose Lüge ist, dass wir unserer Jugend klarmachen wollen, wenn Du wirklich willst, dann kannst Du auch so leben. Doch irgendwann wird gefragt: Wer bist du? Wo kommst Du her? Wer war dein Vater, oder deine Mutter? ….. Na also, was hast du in unserer Welt verloren? Zurück in deine Welt mit zwei Möglichkeiten: 1. Überleben und die Reichen bezahlen, denn wir sind das geduldige Publikum 2. Sterben, was nicht weiter tragisch wäre, denn es sind ja genug andere da …. P.S. - Nach dem Sonntagsstress der Montagsstress - danach ging es mir deutlich besser! Wie immer habe ich schön übertrieben, damit die Sache deutlich wird ! Ein Brief an den Mann, den es nicht gibt :
Erinnerst du dich an die Zeit, wo wir in einer anderen Welt lebten? Damals waren wir Helden, ich konnte stark sein und du warst meine Stütze. Wer kann es sich heute noch erlauben, stark zu sein? Diese Art von Kraft wird mit Überheblichkeit gleichgesetzt. Dort wo wir herkommen, konnte jeder so sein, wie er war, hier ist es völlig anders – die Anwesenden scheinen nach einer Art von Uniformität zu streben und hoffen, so ihr Glück zu erreichen. Ich kann mir noch den Moment ins Leben rufen, an dem du mich zum ersten Mal angesehen hast. Das war wie ein Schock für mich. Ich ging diese Treppe hinunter in der Taverne, weißt du noch? Dort, wo sich unsere Wege gekreuzt haben, du wolltest hinauf und musstest mich vorbeilassen, deine warmen Augen blickten zu mir herauf und ich fühlte mich wie eine Königin. Kann man sich ein wertvolleres Geschenk vorstellen? So einfach kann es sein, sich einen Menschen zu darbieten, ein tiefer Blick in die Augen und alles andere wird zweitrangig. Hier kann man selten den Menschen in die Augen blicken, und sollte es dir einmal gelingen, so spiegelt sich meistens darin eine berechenbare Auswahl von bestimmten Gefühlen wieder: Verlangen, Neid, Skepsis. Es scheint als würde hier ständig gehandelt, vor allem mit Gefühlen. Sie fragen sich, was könnte ihnen der Gegenüber einbringen? Sie nehmen gerne und haben nichts zum geben. Findest du das nicht auch seltsam? Als ich dich kennen gelernt habe, erahnte ich eine unbegrenzte Auswahl von Gefühlen des Wohlwollens, oder du wolltest mir von Geschichten zu erzählen, welche ich noch nicht kannte und von großer Schönheit waren. Mit dir wurde mir nie langweilig, weil du unberechenbar warst, und man nie im Voraus sagen konnte, welcher Scherz dir einfallen würde. Doch ich kann mich nicht daran erinnern, dass du dich je über eine andere Person lustig gemacht hast. So etwas kennen dir hier gar nicht – in allen ihren Witzen muss es einen schwarzen Peter geben, der geduldig seine Person dafür hergibt, damit andere über ihn lachen können. Manche mache einen regelrechten Sport draus. Ich denke, sie können sich keinen anderen Spaß vorstellen und muss zugeben, dass ich mich sogar daran gewöhne, denn es wird einem hoch angerechnet, wenn man über sich selbst lachen kann. Doch wenn ich unseren Humor nicht völlig vergessen möchte, muss ich mich an Kinder erinnern, wie die manchmal längere Zeit über für Erwachsene unverständliche Dinge lachen können – sie brauchen sich nur in die Augen zu blicken und werden von einem erneuten Lachkrampf erfasst, weil sie genau wissen, worum es sich dreht. Vielleicht war es nie ulkiges Wort, oder ein putziger Ausdruck von einem Tier, oder ein komisches Geräusch – wir können es nicht nachvollziehen, sondern hören nur zu, wie sie lachen und ihnen dabei die Tränen in die Augen steigen. Was ich wirklich vermisse, ist die Geborgenheit, welche ich bei dir finden konnte. Ich wusste einfach, dass ich vor dir nichts zu befürchten hatte. Ist das nicht wunderbar? Einfach wissen, diese Person wird mir nie Leiden oder Schaden zufügen – ich finde es eine bemerkenswerte menschliche Erfindung. Hier ist das viel komplizierter, denn die Menschen können nicht anders existieren und es gehört sogar zum Alltag dazu, gerade den Leuten, welche ihnen nahestehen den größten Schaden zuzufügen. Auch damit habe ich mich mittlerweile abgefunden und ich erwarte gar nichts anderes mehr. Eigentlich erwarte ich von niemanden etwas, doch es ist beunruhigend, wenn ich es mit dem einen oder anderen gut meine und jene sich nur vor mir in Acht nehmen. Aber das kann man mit ihrer Logik verstehen – das größte Leiden kommt von der Person, die sich um mich kümmert, weil sie meine Schwächen kennt. Solche Dummköpfe – was für Schwächen meinen die denn? Sie haben es sich angewöhnt, so wenig Gefühl und Fantasie wie möglich in ihr Leben zu lassen, dass es da kaum etwas zu zerstören gäbe, wenn man tatsächlich böse Absichten hätte. Meinen Beobachtungen nach sind es die Tiere, welche sich wirklich zuverlässig um Ihresgleichen kümmern, wenn man sie lässt. Und weißt du, was das Traurigste an dieser Angelegenheit ist? Die Menschen sind austauschbar wie Nummern oder Steine. Sie behalten eine gewisse Identität, aber sobald einer verschwindet, wird er bald vergessen und durch einen anderen ersetzt. Das wäre bei uns einfach undenkbar gewesen – einen Menschen vergessen! Dich vergessen oder ersetzten ist einfach unmöglich. Menschen wie du und ich fürchteten den Tod nicht, die Gefahr gehörte zu unserem Alltag dazu und wir lebten frei. Hier denken sie, der Tod würde sie nichts angehen, bis ins hohe Alter klammern sie sich an ihre leere Existenz. Selbst wenn sie überhaupt nicht mehr zum Leben fähig sind und wirklich alle Welt sie verlassen hat, wollen sie immer noch leben – komisch aber ich ahne, dass das nur möglich ist, weil andere viel Geld damit verdienen. Ich sagte ja bereits, dass hier mit allem gehandelt wird und lieber genommen als gegeben. Stimmt, es bringt nichts ein, sich an einen Toten zu erinnern, der kann einem in dieser Welt hier nichts mehr bringen … ich muss mir immer wieder ihre Logik bewusst machen, um nicht verrückt zu werden. Und wenn mal einem Menschen der Tod früher als erwartet begegnet, dann ist das eine kurze Zeit lang eine mittlere Katastrophe. So lange, bis sie sich damit abgefunden haben, dass von dieser Person eben nichts mehr zu nehmen ist und dann wird sie ersetzt. Mit dir hatte das Leben Geschmack, eine riesige Palette von Gerüchen und Eindrücken, denn wir wussten, wie wertvoll jeder Tag war und man nie sicher sein kann, wie weit unser Weg gehen mag. Dabei muss ich an unsere Kindheit denken – ging es dir nicht auch so, dass du als Junge immer darauf gewartete hast, endlich erwachsen zu werden, um endlich das zu tun, was du möchtest. Das Leben als Großer war in unseren Augen Inbegriff für unbegrenzte Möglichkeiten. Die Kindheit geht schnell vorüber und war das ähnlich mit unserem Leben in jener anderen Welt, dort wo wir lachen und kämpfen konnten, wo wir Freunde hatten, auf die wir zählen konnten? Ich erinnere mich an unsere Tänze, so etwas gibt es hier nicht und ich frage mich, ob es das je gegeben hat? Meine süße, quälende Sehnsucht nach dir ist ständig anwesend und wenn sie besonders stark in meiner Brust pocht, wird meine Kreativität frei. Manchmal möchte ich hier nicht mehr sein, denn das Wissen, austauschbar zu sein, ist unerträglich. Aber mittlerweile trage ich die Verantwortung für meine Kinder. Du kannst dir vorstellen, wie kostbar die für mich sind und ich wäre natürlich nicht in der Lage, die auszutauschen oder allein zu lassen. Der Vater dieser Kinder ist auch ein Mensch, der mich fürchtet, manchmal fängt er an, Vertrauen zu schöpfen, was aber nie sehr lange dauert. Aber ich kann ihn schließlich nicht verändern, er ist hier aufgewachsen. Vielleicht ahnen meine Kinder, von ihrer Einzigartigkeit, das ist alles was ich ihnen geben kann. Ich weiß zwar nicht, was sie damit in dieser Welt anfangen können, doch ich kann auch nicht in ein paar Jahren so wie alle hier werden. Manche Musik hier erzählt in kurzen Momenten von unserer Welt und das gibt mir die Möglichkeit, zu dir zurück zu finden. Doch niemand darf von dir erfahren, denn ich würde augenblicklich für verrückt erklärt. Sie würden dich mit einem gewissen ‚Supermann‘ gleichsetzen. Das ist ein Held aus einer Geschichte für Kinder und Erwachsene, er verfügt über überirdische Kräfte und rettet ständig die Menschheit. Als sie sich diese Erzählung ausgedacht haben, ist ihnen wohl auch klar geworden, dass so ein menschliches Wesen von unbegrenzter Güte von einem anderen Planeten kommen muss. Aber ich habe gehört, dass du dich irgendwann auch dazu entschlossen hast, hier zu leben. Das muss ich dir hoch anrechnen, doch du kannst dir denken, wie gefährlich das für dich sein wird. Du wirst deine Träume vergessen müssen, um hier zu überleben. Du wirst es mit der Angst zu tun bekommen. Angst davor, deine Arbeit, dein Geld und deine Frau zu verlieren. Alle Menschen hier haben Angst, was man gut verstehen kann. Mutige Helden sind nicht sehr gefragt, weil diese all ihre Prinzipien durcheinander bringen würden. Wenn du Freundschaften knüpfen willst, musst du genau die gängig benutzten Sätze auswendig lernen, um akzeptiert zu werden. Tust du das nicht, wirst du als Sonderling gelten und sehr einsam sein. Aber weißt du warum wir uns hier ständig so schlecht und miserabel fühlen? Uns wird ständig eingeredet, dass wir alles falsch machen. Die komplette Gesellschaft funktioniert hier so, damit fangen sie früh in Schulen mit den Kindern an. Wenn die sich freuen und laut dabei werden, ist das falsch. Wenn jemand zu schnell Auto fährt, weil die Sonne gerade so schön scheint und der Himmel weit ist, kann man hart dafür bestraft werden. Aber das Schlimme ist noch ganz woanders zu finden – essen und trinken zum Beispiel. Sie haben hier ein System gefunden, einen wirklich alles mies zu machen. Entweder isst man zu viel oder zu wenig, oder zu einseitig, oder man trinkt zu viel oder zu wenig. Selbst wenn man meint, man habe es richtig gemacht, kommt eine ständig wachsende Liste dazu von Nahrung und Getränken, die einen krank machen. Von Rauchen kann natürlich nicht die Rede sein – jeder Raucher gilt als gefährlich. Sie haben es mit dem goldenen Mittelmaß nicht richtig verstanden. Angenommen du hast dich damit abgefunden, werden sie dir von verpesteter Luft erzählen, welche dich auch krank machen kann. Zu allem Überfluss wissen sie, dass sie und ihre Vorfahren daran Schuld sind, sie könnten etwas dagegen unternehmen, tun es aber nur halbherzig und fühlen sich dadurch wieder schlecht… du siehst, es ist nicht einfach, hier zu leben. Du kannst zwar ziemlich sicher sein, dass du lange leben wirst, aber unter welchen Umständen??? Eine gute Nachricht dennoch: Anerkennung kannst du dir kaufen, dazu brauchst du nur viel Geld. Je mehr Geld dir zur Verfügung steht, desto freier kannst du dich ausdrücken – je mehr Geld, desto weniger Wiederworte – du siehst, alles ist sehr logisch hier. Manchmal machen sie sich schon Gedanken über einen gelungenen Tag zum Beispiel. Ich denke, sie könnten davon sprechen, wenn sie sich vierundzwanzig Stunden lang gut und nicht bewertet gefühlt haben. Das wäre ein guter Anfang. Ich wünsche Dir von ganzem Herzen Kraft und Ausdauer, um hier leben zu können. Ich weiß, dass ich dir nie wieder begegnen werde, darum sende ich dir in diesem Brief meine Liebe. Vielleicht gelingt es dir trotz allem, dich an deine Träume zu erinnern. Irgendwann sind wir frei, die Frage ist nur, ob wir dessen überhaupt bewusst werden können, wenn wir uns an diese Existenz gewöhnt haben? Aber wir werden sehen, wenn es so weit ist. Ich sage dir Adieu und denke jedes Mal an dich, so wie ich dich gekannt habe, wenn ich frei galoppierende Pferden zuschaue, oder Zugvögeln, welche sich in die Lüfte erheben und ihren Weg Dank ihrer Kraft finden. Nancy Hudton schreibt ihr Buch ‘Ligens de faille’ aus der Sicht des Kindes. Zunächst ein kleiner Junge von sechs Jahren heute (Jahr 2004), zweites Kapitel ein kleiner Junge von sechs Jahren eine Generation davor (1982), es handelt sich um den Vater vom ersten ‚Helden‘. Weiter bin ich noch nicht gekommen, aber natürlich stellt sich mir sofort die Frage, wie empfinden uns unsere Kinder? Wahrscheinlich können wir regelrechte Monster sein, oder Witzfiguren, je nachdem. Selbst nach all den Diskussionen über Kindererziehung in den vergangenen Generationen, sind wir einfach nur menschlich Tollpatsche und wundern uns über die Neurosen unserer Kinder. Wie verarbeitet ein Kind das Geschehen in der Welt? Kriege, Konflikte zwischen Ethnien? Wo unsereins in einer scheinbar heilen Welt wohnt und von Nachrichten und Medien ständig eingebläut bekommt, dass wir zu viele sind, das System nicht mehr tragbar ist und überhaupt alles ständig falsch gemacht wurde und wird, bleibt kaum Platz zum Wohlfühlen. (Doch beim Lesen dieses Buches habe ich es mir doch gegönnt, mir ein Eigenlob zu leisten : einfach beim Zugucken vom sorglosen Fahrradfahren meiner Zwillinge auf einem freien Sportplatz, wo zwar auch ein paar andere Kinder spielen, aber keine Spannungen zu spüren sind, ein Art von wirklich heiler Welt, zumindest für die beiden. Also habe ich das wenigstens richtig gemacht – raus aus der Metropole in eine überschaubare Gegend mit frischer Luft – ein Ort, wo Kinder aufwachsen dürfen.)
Nancy Huston wurde als kleines Mädchen von sechs Jahren von ihrer Mutter verlassen, kein Wunder, das ihre kleinen Helden so hell aufgeweckt im selben Alter stecken und die Welt beobachten. Sie bekommen alles mit, ob sie wollen oder nicht, sie sitzen in unserer Welt und passen sich an, so wie sich jedes Lebewesen seinem auch noch so unfreundlichen Umfeld versucht anzupassen, um zu überleben. Wer wird stark genug sein, um in dieser Welt überleben zu können? Für manche kann es ein guter Ausweg sein, sich bewusst aus dem dichten Weltgeschehen rauszuziehen und so weit wie es irgend geht davon abzuschotten. Ich werde weiter darüber nachdenken, Ideen sammeln, vielleicht wird ein Brief daraus werden, ein Brief an einen Mann, den es nicht gibt … Nach etwas länger als einen Monat an Texten arbeiten und Lesen von Büchern, Neues lernen usw. ist es an der Zeit für mich, eine Zwischenbilanz zu machen. Wenn das Feedback auch noch nicht besonders aufregend ist – man kann davon ausgehen, dass ich wirklich ganz am Anfang stehe – muss ich dennoch feststellen, dass Dank Internet Dinge möglich sind, welche vor fünfzehn Jahren undenkbar gewesen wären. (Man bedenke: nur 15 Jahre!) Aber heute sieht das etwas anders aus! Mittlerweile habe ich zwölf Verleger auf klassischen Weg angeschrieben, denn man kann je nie wissen. Ich sehe das wie Loto-Spielen, dafür muss man ja auch ein Budget aufbringen – oder rauchen, das bringt einem nicht viel ein, denn die Briefmarken sind zusammengerechnet ganz schön teuer … welcher Möchtegern-Autor kennt das nicht?
Wie sieht nun meine Zwischenbilanz aus? Ich will mich zwar nicht Eigenloben, aber es bereitet mir Freude zu sehen, dass bis heute immerhin zwölf Texte von mir von 25 interessierten Lesern gelesen worden sind. Dabei ist zu beachten, dass es sich um für mich wildfremde Leute handelt – keine Freunde, Bekannte und noch weniger Familienangehörige, Menschen, die keine Rücksicht auf mich nehmen brauchen, weil sie mich nicht persönlich kennen, die gerne lesen und auch aufmerksam lesen, denn sie haben mich mit konstruktiven Kommentaren auf das Eine oder Andere hingewiesen, woran ich arbeiten muss. Ich möchte diesen Menschen noch einmal ein Dankeschön aussprechen, denn aller Anfang ist lang und schwierig. Hoffentlich verlieren wir uns nicht so rasch aus den Augen, wie das im normalen Leben so üblich ist. So eine kleine Bilanz ist wichtig, wenn man jeden Tag allein vor sich hinschreibt, denn das macht Mut zum Weiterarbeiten. Découvrez la playlist Loreena McKennit avec Acone „Nun beeilt euch doch bitte ein bisschen, wir sind so schrecklich spät dran.“, Mama hatte ihre vierjährigen Zwillingsmädchen bestimmt schon zwanzig Mal zur Eile gemahnt, aber irgendwie schienen sie das überhaupt nicht zu hören.
Draußen regnete es in Strömen und Mama hatte einen Termin beim Zahnarzt – nichts wirklich Ernsthaftes – einen nervigen Pflichtbesuch zur Kontrolle, welchen sie bereits zwei Jahre vor sich her schob. Sie hatte diesen Termin vor drei Wochen angenommen und ausgerechnet heute regnete es in Strömen. Der Tag hatte schon so regnerisch angefangen und sie hatte eine stille Hoffnung gehegt, dass das Wetter sich bessern würde, aber es war dem nicht so. Den Zwillingen war absolut nicht klar, weshalb sie sich beeilen sollten, wo es im Haus doch so gemütlich war. Erwachsene hatten oft eigentümliche Vorstellungen vom – irgendwie mussten sie immer irgendwo hin, wo es im Haus doch alles gab was man brauchte ( - den Kleinen war natürlich noch nicht klar; dass immer alles im Haus war, weil die Eltern eben immer auf Achse waren -). Trotz ihres offensichtlichen Stresses, gab sich Mama Mühe, ihre Ruhe zu bewahren, was sich allerdings von einem Moment auf den nächsten schlagartig ändern konnte. Wenn die Zeit eben wirklich zu knapp wurde, oder die Kinder absolut nicht hören wollten, dann konnte die gute Mutti, die immer auf alles Mögliche Acht gab, zum regelrechten Wildwedel werden, gleich einer Löwin, der es in jenem Augenblick eindeutig zu viel geworden war. Aber so weit sollte es heute nicht kommen, die Zwillinge hatten schließlich beschlossen, doch ihre Gummistiefel anzuziehen. Es waren zwei kleine Mädchen von gerade vier Jahren. Doch bevor sie endlich hinausgehen konnten, wollten sie sich noch einmal kurz aber heftig um ihre Regenmäntel streiten. Mama zog es nämlich vor, die beiden nicht gleich anzuziehen. Sie waren schon keine zweieiigen Zwillinge, wozu sie dann gleich anziehen … Aber es gab Momente, in welchen sie diese Idee echt bereute – gerade jetzt, wo sich die beiden nicht einigen konnten. Mama wusste im Voraus, dass diese Auseinandersetzung so enden würde, dass eines von den Mädchen in Tränen ausbrechen würde – oder schlimmer – in ein ziemlich langes Schmollen verfallen würde. Doch – oh Wunder – einer der beiden Streithähne gab nach und setzte ganz bewusst ein sehr vernünftige Miene auf. Mamas Herz erweichte, als sie das zarte Mädchengesicht mit einem überraschend erwachsenen Ausdruck und dem ‚richtigen’ Regenmantel aus dem Flur ins Kinderzimmer verschwand. Sie half Elodie, der unvernünftigen – sie hatte nämlich den Streit angefangen – ihr Mäntelchen zu zuknöpfen. Elodie lächelte ihre Mutti gewinnend an, denn sie wusste genau, wie unlieb es der Mama war, wenn sie sich mit ihrer Schwester wegen irgendwelchen Dummheiten in die Wolle kriegte. Außerdem standen die Dinge ganz einfach – jedes Mädchen hatte seinen eigenen Mantel, aber aus irgendeinem unerklärlichen Grund hatte Elodie heute entschieden, den Mantel von Josefine tragen zu wollen. Natürlich brachten solche Schnapsideen sowie die Schwester als auch die Mama um die Nerven. Als Elodie fertig angezogen war, blickte Mama sich nach Josefine um, damit sie ihr ebenfalls beim Regenmantelzuknöpfen helfen konnte. Die Kleine stand mit einem schelmischen Lächeln im Türrahmen des Kinderzimmers und hielt ihren Knuddelhasen, ihren heiß geliebten Doudou mit beiden Händchen fest und hatte beschlossen, das ausgefranste Plüschtier mitzunehmen. Mama schüttelte energisch den Kopf. „Das kommt nicht in Frage. Dein Doudou bleibt hier. Er könnte nämlich auf dem Wege verloren gehen.“, sagte sie, doch bereute ihre Worte, sobald sie diese ausgesprochen hatte. Denn im gleichen Atemzug hatten sich Josefines Äuglein mit Tränen gefüllt; Tränen, welche auch gleich zu kullern drohten. Mama war immer wieder überrascht, in welcher Geschwindigkeit die Laune eines kleinen Menschchens vom strahlenden Lächeln ins tragische Traurigsein stürzen konnte. Sie wusste, dass es zwecklos war, den Versuch zu starten, Josefine von ihrer Idee abzubringen – der Doudou sollte nicht in der Wohnung bleiben, er sollte mit. Sie versuchte es dennoch halbherzig mit einem :“ Wir können deinen Doudou nicht mitnehmen, es wäre besser, du lässt ihn hier, denn wenn er verloren geht, kannst du heute Abend nicht einschlafen – stell’ dir das mal vor !“ Doch Josefine schüttelte energisch den Kopf „ Der Doudou kommt mit, weil … weil ich ihn mitnehmen möchte!“ Das war eine ausgezeichnete Begründung und völlig logisch im Verständnis eines vierjährigen Mädchens. Sie schien auch genau zu wissen, wie außerordentlich vernünftig sie sich bei dem Streit um den Regenmantel mit ihrer Schwester gezeigt hatte. |
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